SPD Bisingen gedenkt der Ablehnung des Ermächtigungsgesetz vor 90 Jahren-Haben wir aus der Geschichte gelernt?

Veröffentlicht am 09.07.2023 in Ortsverein

Historiker Dieter GruppHistoriker Dieter Grupp

„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht „ So pathetisch diese Worte jetzt klingen, sie waren vor 90 Jahren eine bittere Realität. Denn allein von den 94 Abgeordneten der SPD bezahlten 24 ihren Widerstand mit dem Leben. „Kritik ist heilsam und notwendig. Niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie das jetzt geschieht, und wie das durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. … kein Ermächtigungsgesetz gibt ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.“ Dies sind Sätze aus der Rede von Otto Wels zum NEIN der Sozialdemokraten im März 1933. Diese Rede galt für viele Jahre als das letzte freie Wort, das in Deutschland gesprochen wurde. So bekannte er sich –stellvertretend für seine Partei- für Freiheit, Sozialismus und Demokratie, während er von bewaffneten SS Männern umgeben war. Und eben diese Partei SPD wurde dann auch im Juni 1933 verboten.

Es war ein Abend der Geschichte, die uns vor Augen führen soll, was passieren kann, wenn man nicht wachsam ist. Auch eine Demokratie muss immer wieder gelebt und verteidigt werden. Dieter Grupp , Historiker und Vorsitzender des KZ Gedenkstättenvereins, hatte für die Besucher der Veranstaltung des SPD Ortsvereins am letzten Donnerstag die Vorgänge um das Ermächtigungsgesetz, das eine zentrale Etappe auf dem Weg zur nationalsozialistischen Diktatur war, sehr anschaulich aufbereitet. Er zeichnete den Werdegang von Otto Wels, der von Beruf Tapezierer war und über Gewerkschaftsarbeit und SPD Parteivorsitz nach dieser denkwürdigen Rede im Mai 1933, sich in das Saarland absetzte, das zu dieser Zeit noch französisch besetzt war. Otto Wels verstarb 1939 mit 66 Jahren im Exil in Paris. Zu Beginn der Veranstaltung bekamen die Besucher eine Führung durch das Museum. Aufgrund der großen Besucherzahl mussten 2 Gruppen gebildet werden. So übernahm Dieter Grupp die eine und die 2. Vorsitzende Dr. Ines Mayer die andere Gruppe. Anschließend wurde ein Teil der Rede von Otto Wels im Originalton übertragen. Der Historiker Dieter Grupp blieb aber nicht nur bei den Vorgängen zur damaligen Zeit, er stellte auch Fragen zur Diskussion in den Raum. „ Hätte die SPD 1930 länger mit den Bürgerlichen zusammen arbeiten müssen? Waren die Sozialdemokraten im entscheidenden Moment 1932 ein Opfer ihrer Tolerierungspolitik? Waren die bürgerlichen und vor allem konservativen Eliten so gegen den Staat positioniert, dass sie aktiv zur Zerstörung der Demokratie und dem Aufbau der Diktatur beigetragen haben? Oder waren der Staatsgründerpartei SPD einfach die bürgerlichen Partner abhanden gekommen?“ Sehr viel mehr Fragen, die auch für unsere heutige Kultur des Miteinander entscheidend sind, wurden angesprochen. “Wie verhält man sich gegenüber politischer Verantwortung? Wie verhält man sich gegenüber Amtsträger und Wähler der Neofaschisten?“ Dieser Abend hätte noch lange weitergehen können, aber aufgrund der Zeit musste die Diskussion beendet werden. Die Zuhörer waren sehr interessiert und auch sehr nachdenklich.